Was ist Hypnose?
Hypnose ist eine Methode, über deren Wirksamkeit sich Laien meist fantastische Vorstellungen machen. Doch sind unrealistische Vorstellungen zur Hypnose nicht auf Laien beschränkt, es gibt sie auch unter Fachleuten oder solchen, die sich dafür halten. Im Rahmen einer Website zu falschen Erinnerungen an sexuellen Missbrauch ist Hypnose deshalb von Bedeutung, weil sie zu den Methoden gehört, mit denen viele Psychotherapeuten falsche Erinnerungen aufbauen.
Hypnose ist ein Zustand tiefer Entspannung, in dem die normalen Gehirnfunktionen deutlich verändert sind, wie man mit bildgebenden Verfahren nachweisen konnte. Bestimmte Gehirnareale sind dabei in ihrer Aktivität stark reduziert. Der Name kommt von dem griechischen Wort Hypnos für Schlaf. Der hypnotische Zustand ist ein schlafähnlicher Trance-Zustand. Der Hypnotisierte kommt in diesen Zustand durch die sogenannte Induktion, bei der der Hypnotiseur ihn mit Aufgaben beschäftigt, die zwar seine Konzentration, nicht aber seine Kritik anfordern. Es kann sich dabei beispielsweise um monotone akustische oder optische Reize, Konzentration auf autonom ablaufende Vorgänge (Herzschlag, Atmung) oder ähnliche Beschäftigungen handeln. Es gibt eine Vielzahl von Induktionsmethoden. Das Gegenteil der Induktion ist die Auflösung des hypnotischen Zustands, die meist durch Suggestion erreicht wird. Ist der hypnotische Zustand erreicht, so ist der kritische Verstand des Hypnotisierten weitgehend inaktiv.
Die Hypnose lässt sich allerdings nicht bei allen Menschen gleichermaßen leicht einleiten. Es gibt Menschen, die einer Hypnose entschiedenen Widerstand zu leisten vermögen. Ob ein Mensch leicht oder schwer hypnotisierbar ist, ist eng korreliert mit der Leichtigkeit, mit der Suggestionen angenommen werden.
Hypnotiseur und Hypnotisierter müssen nicht unbedingt zwei verschiedene Personen sein. Man kann sich auch selbst hypnotisieren. Zwei bekannte Methoden mit autohypnotischem Potential sind das autogene Training und die Meditation.
Das Besondere an der Fremdhypnose aber ist, dass hier ein Außenstehender Einfluss auf Bewusstseinsvorgänge des Hypnotisierten nehmen kann. So können vom Hypnotiseur während der Hypnose Suggestionen gegeben werden, gegen die sich der Hypnotisierte nicht wehrt. Unter Hypnose gegebene Handlungsbefehle werden unter Umständen nach Auflösung der Hypnose vom Hypnotisierten ausgeführt, obwohl dieser sie nicht als sinnvoll erkennen kann. Gerade diese Möglichkeit hat die Fantasie der Menschen sehr beschäftigt, weil man glaubte, dass man damit Menschen in handelnde Automaten verwandeln könne. Das hängt eng mit dem Stichwort der Gehirnwäsche zusammen und bedarf einer genaueren Besprechung.
Was leistet Hypnose und was leistet sie nicht?
Es gibt eine große Anzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen dazu, was Hypnose zu leisten vermag. Hypnose mit dem Ziel, Erinnerungen wieder zu erwecken, hat sich wissenschaftlich als nicht erfolgreich erwiesen. Einige wesentliche Ergebnisse dazu werden von Crombag und Merckelbach (S. 212 ff) referiert. Danach sind unter Hypnose gewonnene Erinnerungen unzuverlässiger als außerhalb der Hypnose entstandene. Zuverlässige Erinnerungen an Zeiten der kindlichen Erinnerungslücke konnten nicht nachgewiesen werden.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt der wissenschaftliche Hypnosespezialist Spanos. Er zeigt an einer großen Zahl wissenschaftlicher Untersuchungen, dass Hypnose nicht geeignet ist, durch Suggestion oder posthypnotische Befehle ein Verhalten hervorzurufen, das außerhalb der Hypnose nicht entstehen kann. Insbesondere kann durch Hypnose kein „automatisches“ Verhalten oder Vergessen erzeugt werden. Spanos sieht die Reaktion der Hypnotisierten als eine Handlung an, die vor allem von den Erwartungen bestimmt wird, die der Hypnotisierte glaubt, erfüllen zu sollen. Es konnte auch gezeigt werden, dass posthypnotisches Vergessen oder ungewöhnliche Handlungsweisen – die gerne von Hypnotikern als spektakuläre Beispiele demonstriert werden – durch plausible Erläuterungen an den Hypnotisierten oder durch simple Unterbrechungen der posthypnotischen Sitzungen leicht auszuhebeln sind.
Eine Anwendung der Hypnose ist es, Therapierten Suggestionen zu übermitteln. Diese sind tatsächlich wirksam, weil sich der Hypnotisierte in seinem Trancezustand nicht kritisch damit auseinandersetzt. Spanos stellt allerdings die Rolle der Hypnose dabei in Frage. Leicht hypnotisierbare Personen reagieren auf Suggestionen auch ohne eine eigentliche hypnotische Induktion. Damit wird die Hypnose als Teil einer Trauma-Erinnerungstherapie eher zweitrangig, während das vorrangige Thema Suggestion heißt.
Der klinische Hypnosespezialist Yapko machte im Jahre 1992 eine Umfrage unter Therapeuten in den USA, auf die er 869 Antworten erhielt. Danach benutzte mehr als die Hälfte der Befragten mindestens zeitweilig Hypnose, um angeblich verdrängte Erinnerungen an Traumata wieder zu beleben (Yapko, S. 334 ff). Interessanterweise hatten mindestens 20% davon keinerlei Hypnoseausbildung. Über 50% waren nicht nur der Meinung, Hypnose sei in der Lage, den Patienten in seine früheste Kindheit zurückzuführen, sondern sogar in Zeiten der kindlichen Amnesie bis hin zur Geburt. Über 25% glaubten, dass in Hypnose auch Erinnerungen an frühere Lebenszeiten erreichbar seien. Die dabei entstehenden „Erinnerungen“ wurden nicht auf Plausibilität oder Stichhaltigkeit überprüft, sondern als grundsätzlich glaubhaft angesehen. Erstaunlicherweise waren sich 60-80% der Therapeuten darüber im Klaren, dass man in Hypnose auch falsche Erinnerungen suggerieren kann, die der Hypnotisierte für echte Erinnerungen hält. Man könnte von ihnen deshalb eigentlich erwarten, dass sie ihre eigenen Ergebnisse mit etwas mehr Kritik betrachten.
Gehirnwäsche ist ein irreführender Begriff
Der Begriff der Gehirnwäsche entstand im kalten Krieg, als die Möglichkeit nicht nur diskutiert, sondern auch experimentell untersucht wurde, durch körperlichen Stress, suggestive Beeinflussung und/oder Hypnose Personen so zu programmieren, dass sie generell, in bestimmten Situationen oder bei bestimmten auslösenden Ereignissen in ganz definierter Weise reagierten, quasi als lebende Automaten. Diese Versuche waren in keinem Fall erfolgreich. In diesem Sinne wäre es also irreführend, bei der Trauma-Erinnerungstherapie von Gehirnwäsche zu sprechen.
Diese Ergebnisse sind auch von Bedeutung für den von Therapeuten immer wieder behaupteten satanisch-rituellen Missbrauch. Angeblich gibt es satanische Kulte, die durch Gehirnwäsche Programmierungen vornehmen können, damit Personen, die mit dem Kult in Berührung kommen, über ihre Erfahrungen nicht berichten können. Die wissenschaftlichen und experimentellen Ergebnisse verweisen diese Berichte in den Bereich von Fantasie und Sage.
Oft allerdings wird unter Gehirnwäsche auch eine wesentlich weniger „harte“ Bewusstseinsformung verstanden, bei der durch Suggestion, selektive Informationsauswahl oder Fehlinformation die persönliche Haltung und Überzeugung von Menschen beein-flusst oder verändert wird. Eine derartige Gehirnwäsche funktioniert tatsächlich. In diesem Sinne stellt die therapeutische Erzeugung falscher Erinnerung natürlich eine Gehirnwäsche dar, doch sollte der Ausdruck wegen seiner Uneindeutigkeit vermieden werden.
Literatur zu Hypnose
- Spanos: Multiple Identities and False Memories
- Crombag und Merckelbach: Missbrauch vergisst man nicht
- Yapko: Fehldiagnose Sexueller Missbrauch